Ich züchte neben anderen Rassen auch Gibber Italicus und Südholländer.
Beide Kanarienrassen gehören zu den gebogenen Frise-Kanarien. Die Haltung und Zucht ist nur etwas für Experten, weil die Vögel besondere Ansprüche stellen und mit „normalen“ Farbkanarienvögeln nicht zu vergleichen sind.
Meine Vögel zeigen keinerlei Übertypisierungen oder Anomalien. Jeder sogenannte Tierschützer darf gerne zu mir kommen und sich diese herrlichen Vögel anschauen. Insbesondere gilt dies für die Zuchtsaison; ich züchte ausschließlich ohne Ammen oder andere Hilfsmittel. Meine Vögel machen die Nachzucht sicher und selbständig groß. Dies – und das ist unumstritten – gelingt nur, wenn es sich um gesunde, fitte Vögel handelt. Sollten die Rassen tatsächlich „Qualzuchten“ sein und unter ständigen Schmerzen leiden, würden sie nicht eigenständig brüten.
Ich habe außerdem noch Südholländer und Gibber – völlig gesund – die ein Alter von 10 (!) Jahren haben. Komisch, dass „Qualzuchten“ so lange leben…
Auf der Deutschen Meisterschaft 2018 sind erstmalig Südholländer und Gibber Italicus und einige andere Rassen durch die Genehmigungsbehörden von der Ausstellung ausgeschlossen worden! Dies kann ich nicht nachvollziehen. Ohne den zuständigen Behörden ihre Kompetenz absprechen zu wollen, so darf ich doch hier feststellen, dass wir in Deutschland Wichtigeres zu regeln und zu überwachen haben als kleine Hobbyvogelzüchter, die sich in ihrer Freizeit an den gefiederten Tieren erfreuen. Zudem sind alle Kanarienrassen seit vielen Jahrzehnten, wenn nicht sogar seit Jahrhunderten in Europa vorhanden und gehören damit zum Kulturgut. Putenrassen, die ihr eigenes Gewicht gar nicht mehr tragen können und in engen Ställen zusammen gepfercht sind und nur mit Arzneimitteln überleben, interessiert die Überwachungsbehörden oder die Öffentlichkeit auch nicht. Schließlich soll das Putenschnitzel ja nicht so teuer sein…
Kleine Vogelzüchter ohne Agrarlobby sind da ein willkommenes Betätigungsfeld.
Ich jedenfalls werde die Rassen weiterzüchten und im Standard versuchen voranzubringen. Falls du das auch möchtest, melde dich gerne bei mir.
Sowohl beim Futter als auch bei Temperatur und Luftfeuchtigkeit sind die Vögel sehr anspruchsvoll.
Die Haltung als „7“ ist angezüchtet und normal. Die Vögel sind nicht krank, es sind auch keine Qualzuchten wie machmal behauptet wird und auch durch sogenannte Gutachten von Leuten, die von der Kanarienvogelhaltung und -zucht keine Ahnung haben, begründet werden soll. Ich habe beide Rassen – und in der Vergangenheit auch Giboso Espanol – bereits über viele Jahre gehalten und gezüchtet. Die Vögel sind vital und sie ziehen ihre Jungen ohne nennenswerte Probleme auf. Außerdem erreichen die Rassen das normale Kanarienvogelalter ohne irgendwelche Krankheiten zu bekommen – vorausgesetzt man beachtet natürlich die besonderen Haltungsbedingungen. Man sollte nicht vergessen, dass die Rassen zum menschlichen Kulturgut gehören und leider vom Aussterben bedroht sind, weil es nur wenige Züchter gibt und daher die Blutsbreite nur begrenzt ist. Dies ist ähnlich wie bei alten Nutzgeflügelrassen, die leider manchmal aussterben, weil sich alle Züchter auf die neuen Rassen stürzen und die alten dabei vergessen.
Wer diese Rassen einmal gehalten hat, wird schnell ihrem Bann verfallen. Die besonderen Verhaltensweisen dieser Vögel mit ihren schönen Frisuren begeistert so manches Kanarieliebhaberherz !
Entstehung des Südholländers
Wann der Südholländer erzüchtet wurde, ist heute leider nicht mehr zweifelsfrei nachzuvollziehen. In der Literatur wird verschiedentlich angeführt, der Südholländer entstand um 1920 durch Zuchtversuche zwischenBossu Belge und Pariser Trompetern. Andere gehen davon aus, dass die Rasse um 1905 durch Weiterentwicklung der Uraltpositurrasse Frisé Roubaix, die heute ausgestorben ist, der Südholländer entwickelt wurde. Dies soll in Frankreich geschehen sein, weshalb der Südholländer anfangs auch Frisé Francais hieß. Schnell setzte sich jedoch der weitere Name – Frisé Bossu – durch. Nach dem 2. Weltkrieg beschäftigten sich sehr viele Züchter in Südholland mit der gebogenen Frisérasse, weshalb sich schnell der Name -Südholländer- etablierte.
Ich meine jedoch, bei allen Unklarheiten scheint die Rasse in Frankreich und eben nicht in Holland entstanden zu sein.
Bis heute gibt es weltweit nur wenig Züchter dieser Rasse, weshalb der Genpool sehr begrenzt ist und diese Rasse durchaus vom Aussterben bedroht ist. In Deutschland gibt es vielleicht eine Handvoll Züchter mit einem vitalen Zuchtstamm, in Frankreich und Italien gibt es einige mehr, allerdings ist die Gesamtzahl bei weitem nicht mit den etablierten beliebten Kanartienrassen-Züchtern vergleichbar.
- Rassebeschreibung des Südholländers nach COM – und deutschem Standard
Der Südholländer ist eine sogenannte frisierte Figurenkanarienrasse. Er vereinigt Eigenschaften eines frisierten Vogels (Pariser Trompeter u.a.) mit denen einer gebogenen Rasse (Münchener, Bossu Belge u.a.). Am ehesten ist das Erscheinungsbild noch mit dem Bossu Belge zu vergleichen. Breite Schultern und in Arbeitshaltung den Kopf nach vorne gestreckt hat der Südholländer die Form einer 7. Die Beine stehen senkrecht und sind durchgedrückt, wenn sich der Vogel präsentiert. Die Größe soll 16 bis 17 cm betragen, auf deutschen Ausstellungen wird auf die Größe meines Erachtens häufig übersteigerten Wert gelegt (mir geht es selbst manchmal auch so). So gewinnen häufig die größten Vögel, obgleich bei genauerem Hinsehen die typischen Rassemerkmale – insbesondere die Frisuren (s.u.) bei den kleineren Konkurrenten deutlich besser ausgeprägt sind. Außerdem verleitet diese Praxis dazu, dass Züchter häufig Schimmelvögel untereinander verpaaren, um die Größenanforderungen der Bewertungsrichter besser erfüllen zu können. Intensive Vögel sind naturgemäß durch das kürzere Gefieder kleiner im Erscheinungsbild. In jedem Fall ist der Südholländer deutlich kleiner in seiner Erscheinung als beispielsweise der „Bruder“ Nordholländer oder auch der Bossu Belge. Er soll nach den Standardzeichnugnen auch eine schlanke Erscheinungsform haben und nicht bullig wirken wie manche Gewinner auf den Ausstellungen dies zeigen.
Neben der Form besitzt der Südholländer wie alle anderen Frisérassen auch die drei Primärfrisuren Mantel (Manteau), Brustfrisur (Jabot / Körbchen) und Stützfedern (Flanquartes). Weitere Frisuren sind nicht erlaubt und werden bei Ausstellungen mit deutlichem Punktabzug bedacht. Außerdem fehlerhaft sind nicht symmetrische Frisuren oder das Fehlen einer Frisur.
Die Bewertungspositionen im Einzelnen sind: Haltung, Größe, Gefieder Mantel, Brustfrisur, Stützfedern, Kopf und Hals jeweils 10 Punkte, Beine 15 Punkte, Schwanz , Flügel, Gesamteindruck jeweils 5 Punkte. Durch diese Punkteverteilung wird deutlich, wo der Schwerpunkt der Rasse liegen muss: 50 Punkte und damit die Hälfte der Gesamtpunktzahl werden auf Gefiederpositionen vergeben, nur 10 Punkte auf die Haltung und ebenfalls nur 10 Punkte auf die Größe. Daher muss im Zweifel meines Erachtens gelten: Bessere Frisuren gehen deutlich vor Größe ! Natürlich sollte ein Siegervogel beides in sehr guter Ausprägung mitbringen.
Hier ein Bild eines wirklich tollen Rassevertreters:
Hervorragende Frisurenausbildung, symmetrischer Mantel, große Brustfrisur und tolle Flanken (auf dem Bild ist nur eine zu sehen). Und eine tolle Arbeitshaltung. Das Trampeln mit einem Bein am Gitter ist ein weiteres Rassemerkmal bei den besonders guten Vögeln !
Der Südholländer ist in allen Kanarienfarben (einschließlich Rot und Schecken) zugelassen und er wird im Kuppelkäfig ausgestellt.
Eine hervorragende Rassebeschreibung hat Zuchtfreund Ulrich Völker erstellt und diese ist auf der Seite des DKB veröffentlicht.
Rassespezifische Besonderheiten in der Zucht des Südholländers
Eigentlich ist der Südholländer ein ganz normaler Kanarienvogel, der genau wie die übrigen Rassen in der Zucht eingesetzt werden kann. Allerdings gibt es einige Besonderheiten: wie alle Figurenkanarienrassen sind auch die Südholländer sehr sensibel. Dies betrifft sowohl Umwelteinflüsse wie Temperaturschwankungen oder Änderungen in der Luftfeuchtigkeit als auch Störungen während der Brut. Das wechseln der Hähne (Wechselhecke genannt) sollte unbedingt vermieden weden, weil sich die Paare stärker binden als bei den übrigen klassischen Kanarienrassen. Manchmal lässt es sich jedoch nicht vermeiden von der Paarhecke abzuweichen, insbesondere wenn ein Hahn bei zwei Gelegen nicht befruchtet hat. Dann sollte man das neue Paar genau beobachten. Wenn die Henne den neuen Han zu stark jagd und bedrängt, dann sollte man einen weiteren han ausprobieren. Aber wie geschrieben, Wechselhecke sollte nur dann betreieben werden, wenn ein Paar nicht funktioniert.
Einige Züchter beschneiden die Kloake des Hahnes, damit eine bessere Befruchtungsrate erzielt wird. Ich habe dieses nie gemacht, trotzdem ist die Befruchtung immer gut gewesen. daher rate ich niemanden dazu. Es ist zudem besser, wenn ein Paar pro Brut nur zwei bis drei Jungvögel aufzieht Diese werden besser gefüttert und entwickeln sich daher wesentlich besser. Es ist vorteilhafter zwei gute Jungvögel zu züchten als fünf kleine durchschnittliche oder schlechte ! Auf jeden Fall sollten die Eier bis zum vierten Ei entfernt und durch Kunststoffeier ersetzt werden. So wird erreicht, dass alle Jungen zur selben Zeit schlüpfen und kein Nesthäkchen dabei ist, die meistens früh versterben oder aber immer zurück bleiben. Die Eierentfernung ist nach meiner Erfahrung unbedingt erforderlich, weil Südholländerhennen die Angewohnheit haben, ab dem ersten Ei bereits fest zu brüten. Mit der Eientfernung verlängert sich die Brutdauer auf 17 Tage – dies kann man auch routinemäßig berechnen.
Zuchtbeginn sollte bereits im Januar / Februar sein, weil sich die Entwicklung und Mauser der Vögel länger hinzieht als bei z. B. Farbenkanarien oder den kleinen Positurrassen. Will man keine Ausstellungen im Herbst besuchen, kann natürlich ganz normal im Frühjahr mit der Zucht begonnen werden.
Bei der Jungvogelaufzucht reicht ein gutes Körnerfutter und ein gutes Eifutter. Ich verwende Versele Kanarienmix mit Rübsen und Orlux Goldpateé Eifutter. Andere Marken tuene es mit Sicherheit auch. Feuchtes Eifutter ist nicht erforderlich, ganz im Gegenteil fördert es eher das Entstehen von Kokzidiose. Sobald die Jungvögel nach etwa fünf Wochen selbständig sind, können sie von den Elterntieren entfernt werden. Dann ist die Zeit, dass die Eltern die nächste Brut beginnen können. Vorher sollte dies nicht geschehen, weil ansonsten die Jungen vernachlässigt werden können. Daher entferne ich die Nistgelegenheiten, bis die Jungen selbständig sind.
Nach dem Absetzen der Jungvögel muss dass übliche Futter aufgewertet werden. Ich tue dies mit Rusk, einem Quellfutter aus Weizen, Keimfutter, gelegentlichen Äpfeln und regelmäßigen Gaben von hart gekochten Eiern und Babytrockennahrung auf Kuhmilchbasis. Dies ist wichtig, weil die Südholländer einen erhöhten Eiweißbedarf haben, um ein kräftiges Gefieder mit schönen Frisuren zu entwickeln. Diese Futterzusammenstellung gibt es bis zur Ausstellungsaison im Herbst. Dann wird nur noch Körnermischung und Aufzuchtfutter gegeben, weil ansonsten der Bruttrieb zu früh einsetzt. Im Sommer bekommen alle Kanarienvögel bei mir noch Vogelmiere. Hier muss man aber darauf achten, dass diese nicht mit Spritzmitteln verseucht ist ! Daher am besten aus dem eigenen Garten sammeln.
Noch ein paar Worte zur Auswahl der Zuchttiere:
Sofern man die Wahl hat, sollte intensiv x nichtintensiv verpaart werden und außerdem zwei Vögel, die nicht die gleichen Fehler aufweisen. Fehlt zum Beispiel die Flankenfrisur bei einem Partner, muss sie beim anderen besonders ausgeprägt sein. Dies gibt dann gute Jungvögel in dieser Eigenschaft. So ist es mit den übrigen Rassemerkmalen ebenso. Ist ein Partner schwächer, muss der andere Partner das Merkmal ausgleichen.
Problematisch sind Kreuzungstiere zwischen Gibber Italicus / Südholländer und Nordholländer / Südholländer. Diese verwischen die Rassemerkmale der Südholländer für einige Generationen und sollten daher nicht für die Zucht verwendet werden, es sei denn, ein erfahrener Züchter will gezielt den Genpool verbreitern (insbesondere bei den Gibber Italicus ist dieses unbedingt erforderlich, weil es viel zu wenige Linien gibt). Dann müssen die Mischlinge aber unbedingt kontrolliert weiter in der Zucht verwandt werden. Fahrlässig ist es, diese Vögel unwissenden Neuzüchtern als reinerbige Südholländer zu verkaufen !
Haltung der Südholländer
Die Haltung der Südholländer außerhalb der Zucht unterscheidet sich bis auf die eiweißhaltigere Fütterung nicht von der Haltung und Pflege der übrigen Kanarienrassen.
Ich halte meine Vögel von Mai bis September in einer überdachten Außenvoliere – hier fühlen sich die Vögel besonders wohl. Zugluft und Nässe von oben sollte man aber vermeiden, weil dann die Frisuren sehr leiden. Ab Oktober kommen die Vögel nach drinnen in einen beheizten (etwa 15 Grad C) Innenraum, in dem auch gezüchtet wird.
Ein Ausschnitt meiner Innenvoliere
Ein Ausschnitt meiner Außenvolieren im Winter – ohne Südholländer !
Hier sind jetzt die übrigen von mir gehaltenen Kanarienrassen untergebracht.
Die Südholländer befinden sich ab Januar in der Zucht !